Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden



Tage wie diese

Wissen Sie, wie das ist?

Kennen Sie den Film Der dritte Mann? Für mich gesehen ein Meisterwerk. Drinnen kommen auch Schatten vor...und das ist so großartig in Szene gesetzt. Die Beschäftigung mit den Schatten lohnt sich! Nicht nur im Film, sondern im täglichen Leben.

Gestern sprach mich eine ältere Dame an. Wie sich herausstellte war sie bereits 86 Jahre. Sie hatte den zweiten Weltkrieg miterlebt und konnte sich gut daran erinnern. Sie war sowohl geistig als auch körperlich sehr gut beieinander. Eigentlich wollte ich einfach nur in der Stille sitzen und mich ausruhen.

Einsamkeit ist etwas Wunderbares, ein Gegenteil von der Vereinsamung. Leider wird das immer wieder verwechselt. Das Leben ist nur außerhalb der Matrix zu verstehen und eigentlich sind es das ganze Leben ja nur Versuche zu begreifen. Ja, sicher...auch die Wissenschaft spricht von einer Matrix. Stellt sich jedoch die Frage, wüssten wir alles, was bliebe dann übrig? Was bliebe denn vom geistigen Gerangel um die Wahrheit? Was von den Diskursen? Was von der Neugier, was vom Antrieb miteinander zu kommunizieren? Stellen Sie sich mal vor, es gäbe diesbezüglich keinen Grund mehr dazu, weil ja alles offen gelegt, jedes noch so kleine Puzzleteil, welches das Universum zusammenhält, wäre bekannt. Schwarze Löcher wären kein „Mysterium“ mehr, sondern mittlerweile schon langweilig. Diese heutigen Rätsel... Da physikalisch nichts verloren geht, kann auch ein schwarzes Loch nicht einfach nur „ein Loch“ sein...sondern auch dort muss es eine Wandlung geben. Hawking sprach auch von sogenannten Wurmlöchern...es gibt dazu verschiedene Thesen. Ich bin zudem nicht ganz der Meinung dass Neutrinos Materie und Antimaterie in sich trugen aus denen sich nach dem Urknall die Planeten gebildet haben sollen. Sondern ich sehe es u.a. so, dass tatsächlich zu Beginn alles EINS war...und dann wie eine Bombe zersprungen ist,  in der Mitte war ein heißer Kern. Durch diese Explosion, ausgelöst vielleicht durch ein Kollidieren mit einer "Antimaterie“- dem anderen Ende einer dunklen Materie, also einen Sog, entstand auch die Rotation und die spiralförmige Bewegung des Universum, als auch das es sich ausdehnte, da verschiedene physikalische Kräfte dadurch entstanden sind, die das Universum auseinander treiben...Gegenkräfte waren immer schon u.a. die schwarzen Löcher, die alles in sich einziehen, also gegensteuern. Nur so konnte sich bis heute alles halten. Aber, wie gesagt, hinter dem Horizont der Vorstellungskraft geht es weiter...und leider ist gerade ein ziemliches Ungleichgewicht im Gange. Auch darum, weil immer noch seit UR-Beginn Teilchen haltlos umherirren u.a. Neutrinos und gewisse "Gesteinsbrocken". Nun ja...das sind aber nur meine Überlegungen zum Thema.

Der Mensch erklärt sich die Welt aus seinen begrenzten Sinnen heraus.Wissen können wir nur, was mit Nachweisen und Fakten begründet werden kann. Selbst dann wissen wir nicht, ob dieses Wissen bzw. diese Fakten der Wahrheit entsprechen. Nur die, die unumstößlich bleiben...dann ist es wahr. Geschichtliche Fakten zum Beispiel. Spekulierende Köpfe sind wir, um den Versuch das Leben zu verstehen niemals müde. Auch, dass wir nichts wissen, müssen wir wissen, was eine Ambivalenz bedeutet. Scheinbar. Das Denken, oder der Gedankenfluss wird so, wie zum Beispiel bei einem Haiku, unterbrochen. Fällt mir als Beispiel ein.  Anderer Ansatz im Sinne von Materie oder des Nichts: Wäre alles Nichts, wäre das Nichts ein Nichts und dadurch jeder Mensch dadurch ein Nichts wäre, wäre Niemand  zu Denken über das Nichts imstande - aufgelöst und materielos - weder denk - noch fühlfähig – NICHTS. Schwingungsfrei-Stillstand. Das schrieb ich mal 2020, als jemand meinte, er wäre ein Nichts. Im physikalischem Sinne wohlgemerkt meinte er das.Wir können nur Denken und unsere Sinne benutzen, weil es eben Materie gibt, weil das Zusammenspiel all der Teilchen in und um uns existiert. Was wären unsere Zellen ohne Energie oder Licht oder Photonen? Oder? Nun ja, es gibt sie schon, glaube ich, die „tote Materie“. Diese „tote Materie“ könnte die ein oder andere Theorie miteinander verbinden. Aber das ginge nun hier zu weit. Letztendlich agiert alles mit-oder gegeneinander. So,wie in der Liebe.

Wann weiß man, dass man wirklich liebt? Das wurde ich letzens gefragt. Es ist das Gefühl, welches dann über dem Kopf steht und der andere Mensch so angenommen wird, wie er ist. Nur das zählt dann. Ist der Kopf zu sehr im Spiel, wird erst einmal hin-und her überlegt, ob es passen könnte oder ähnliche Gedanken, dann fehlt das Bedingungslose, was das Besondere an der „echten“ Liebe ist. Sie ist eher selten. Klingt vielleicht bisschen kitschig, aber so ist es wohl. Und noch ein Punkt ist dabei entscheidend!: Solch eine Liebe befreit, denn alles fühlt sich stimmig und richtig an. Macht Liebe blind? Wird ja immer so gesagt, doch ich halte das für falsch! Vielleicht macht das Verliebtsein blind, das kann sein. Ich denke die Liebe aber nicht, ganz im Gegenteil, so kehrt sie doch endlich die schönsten und wichtigsten positiven Seiten nach oben. Alles, was im Universum geschieht und geschah, findet sich auch in unserer Existenz wider. Auch in der Liebe.Sogar in jedem einzelnen Gedanken, der ohne Vorgänge von Ambivalenz und Anziehung, oder auch Abstoßung nicht möglich wäre. Ich schrieb mal über die scheinbare Ambivalenz des Lebens. Man weiß,wenn man wirklich liebt, wenn man eben nicht blind von ihr wird, sondern klarer und gefestigter. Sicher, es spielen sich so viele biochemische Prozesse in unserem Gehirn ab und doch weiß es der Bauch besser, selbst dann, wenn kein Bewusstsein dafür vorhanden ist. Sie können ja nicht daher gehen und sich denken: Auf die Plätze fertig los! Jetzt verliebe ich mich! Das funktioniert nicht! Weil diese Prozesse eben nicht bewusst ablaufen können. Anfangs liegen dann zwei Schablonen zweier Menschen übereinander und gleichen sich vermeintlich sehr. Man spiegelt sich...die Gemeinsamkeiten...Spiegelneuronen spielen da auch eine Rolle und Düfte und noch einiges mehr. Dennoch haben die Schablonen Abweichungen. Mit der Zeit verschieben sich diese jedoch und die Anziehung verblasst. Und dann ist es entscheidend, ob diese zwei Menschen gemeinsam ihre Schatten ertragen können oder nicht. Ob zu sehr der Alltag einkehrt, die Gewohnheiten...oh, Gewohnheiten sind ja nicht grundsätzlich schlecht oder falsch...nur die Dosis macht es! Ich vergleiche das manchmal mit einem Bild an der Wand, welches vielleicht gerade gekauft wurde. Anfangs schaut man es so oft an...immer und immer wieder. Doch mit der Zeit wird das wunderschöne Bild zur Gewohnheit und jeden Tag wird es bisschen mehr übersehen. Man verliert es aus dem Blick, und weil es ein Bild ist, aus dem Inneren. So ist es doch auch in einer Partnerschaft. Es braucht eben alles immer Abstand, braucht gewisse Distanz. Und die Überlegung, dass nichts wirklich sicher ist, weil es das nicht sein kann. Jederzeit kann irgendetwas in jedes Leben einbrechen und den Fall bringen. Aber es können auch jeden Tag wunderbare Momente geschehen und Positives bringen. Das Leben und die Liebe sind schon sehr komplex. Oder (zer)denken wir sie uns komplex?

Es ist oft so, dass die Menschen zu mir kommen und mir aus ihrem Leben erzählen. Obwohl meine Stille dann verpufft, höre ich ihnen gerne zu und lerne. Die alte Dame erzählte mir, dass sie in Danzig geboren wurde. Dort hatte ihr Vater vor dem Krieg eine kleine Wirtschaft gekauft. Sie mussten, wie so viele, alles verlassen.  Flüchtlinge und Vertriebene. Gerade war sie noch einmal mit ihrem Sohn dort. Die Wirtschaft wäre beinah noch so, wie sie einst war. Ihr Vater musste damals zusammen mit vielen anderen Gräben ausheben. Später hätte man darin viele Menschen getötet und verscharrt und von einem Deutschen erzählte sie, den man am Schornstein seines Hauses aufgehangen hatte. Nun, manches hätte ich gerne näher erfahren, aber ihr standen die Tränen in den Augen. Es ist noch immer ein Trauma, sagte ich. Sie nickte.

Wissen Sie, wie es ist, wenn ein alter Mensch vor Ihnen zu weinen beginnt?

Es gibt so wenig glückliche Menschen. Viele davon tragen ihr Kinderleid tagtäglich in ihrem Lebensrucksack mit sich. Tag für Tag. Immer dann, sagte sie, wenn das Finanzsystem zusammenbricht beziehungsweise vorm Kollaps steht, dann würde man Kriege anzetteln, man würde Unruhe zwischen den Ländern schüren und anfangen gegeneinander zu hetzen. Insbesondere Amerika wäre ihr da im Sinn.

Ihr würde immer wieder von Freunden gesagt: Komm doch her! Das kenne ich persönlich auch, nur bei mir sind es Freunde aus einem Nachbarland, bei ihr sind es welche aus Brasilien. Deutschland ist für keinen Menschen mehr sicher!, sagen sie. Irgendwann verpasst du den Zeitpunkt und dann geht nichts mehr, sagten sie zur alten Frau. Noch will sie aber nicht. Noch nicht, sagte sie. Aber vor Ort war sie schon. Also in Brasilien. Hat sich schon einmal mit dem Ort und dem Land vertraut gemacht. Ihre Freunde leben schon einige Jahre dort. Ich habe momentan kein gutes Gefühl für Deutschland und überhaupt für die Welt, gab ich zurück. Sie stimmte mir zu.

Es erschüttert mich, dass solch ein Mensch, der so viel erlebt hat, sich wieder fürchtet. Das solch ein Mensch nie den Krieg, die Not, das Elend vergessen hat und all das wieder hochkocht.

Wissen Sie, wie das ist, wenn solch ein Mensch vor Ihnen beginnt zu weinen?

Lotta Blau, NOV. 2023