Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Die Fliehenden

Diese dunkle Stille, die unwetterartig ihre Triebe aus uns gegen die Tage wirft, als wäre sie selbst die bitterste Nacht. Sie lässt kein Blau der Übergänge in den Stunden übrig. Scheint alle Sonnen in uns wie ein wildes Tier zu fressen, wenn es ausgehungert ist. Dann ist es von Sinnen und stürzt sich auf das andere Wilde und Ungezähmte in uns, das bis zum Schluss versucht zu fliehen. Inmitten der Freiheit rennen wir vor ihr, der Freiheit, weg. Tun so, als würden wir sie verachten müssen - fliehen vor den drohenden Zeigefingern, die sich in die Köpfe drehen, wie eine Schraube auf die passende Mutter. Diese entstandene Wunde zerfleischt mit ihren Zähnen unsere Worte bis zur Wortsinnlosigkeit. Jedes Aber: es löst sich auf und beginnt unsere Gedanken eitrig zu machen, bis sie fiebern und beginnen zu stinken. Als wären wir wehrlos, statt angstvoll.

Derweil nächtigen die Warnungen und singen sich selbst in den Schlaf, wie ein untergehendes Schiff auf dem einstigen Rosenbett. Es schaukelt sich über die Meere der Hoffnungen. Glaubte wohl, es sei selbst ohne Anker und hatte dennoch einst den Mut zu sagen: Trotzdem! Ich segle über meine Lebensmeere. Jetzt sind sie nichts als Schatten voller Moder. Wie nasse alte Kellerwände riechen sie. Die Luft zum Atmen fehlt ihnen.

Schillernde Motten suchen ihre Lichter in unseren Augen. Suchen ihre Monde in den Laternen, doch keine will mehr für sie leuchten, weil wir sie selbst sind. Wir sind die Suchenden, die sich verloren haben im Wirrwarr bis zum Hemmungslosen, das uns ins Unnütze treibt. Die Peitschen züngeln sich über unsere Zungen. Bis sie wund sind und wir schweigen.

Daneben wuchern sich die Mauern, wie Schlingpflanzen und rufen nach ihrer bevorzugten Nahrung: Gleichschritte fressen Herzen auf.

Lotta Blau 2020


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