Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Das Fremdsein

Irgendwo bleibt man fremd, denn das Irgendwo bleibt doch eine lebenslange Suche in sich selbst und der Welt. Wann immer wir meinen uns gefunden zu haben, so entdecken wir ja doch Neues in uns, das das schon Erfahrene und Bekannte in sich aufnimmt. Irgendwo - Nirgendwo-Überall...

Als kleines Kind fremdeln wir und suchen Bekanntes und Vertrautes, wollen diese Nähe, diese Bindung nicht hergeben. Wenn doch, dann schmerzt es uns im Kindlichen so sehr, dass wir beginnen zu trauern und zu weinen. Diese Zeit ist außerordentlich wichtig und prägt unsere weitere Bindungsfähigkeit.

Aber darüber hinaus gibt es auch ein Fremdsein und Bleiben, eine Sicht aus dem Alltag hinaus, der eintönig und anmaßend seltsam beim genaueren Betrachten ein Lebensfresser sein kann. Ausbrechen aus diesen Strukturen und wenn es nur ein Atmen durch die Nacht ist, in aller Stille, Langsamkeit und allein. Das wirkt verbindend, weil dieses die zwei Verlorenen miteinander eint. Die heilsame Einsamkeit und das Fremdsein.

Je mehr man diese Tiefe benötigt, die sich dadurch eröffnet, umso mehr spürt man den Schauer dieser Stunden. Irgendwie losgelöst eine tiefe Freude, die etwas in uns stillt. Nämlich das Loslösen aus Allem und von allen Strukturen. Das ist innerer Frieden und ganz eigene Freiheit. Und gleichzeitig bedeutet es, dass überall Fremdsein bleiben wird und jene, die das so spüren, es brauchen, um überhaupt ihren Durst nach sich Selbst und dem Verstehen stillen können - auf Lebenszeit. Das bedeutet, dass man sich selbst immer wieder an die Ränder der Gesellschaft bringt und aus Abstand in das Leben aus dem Leben sieht.

Jeder, der zum naturgegeben Fremdsein in der Welt steht, der hat Mut und besitzt die Einsicht darüber. Es ist eine Fähigkeit des Tieferen, zu Ergründenden und immer im gewissen Maße bleibend Unbekannten unseres Selbst. Dieses wir versuchen zwischen inneren und äußerem Leben zu verbinden. Im Grunde ist es Ideallos gegenüber jeglicher Vollkommenheit, dafür jedoch gefüllt mit Sichtweisen, die nur dadurch möglich werden.

Lotta Blau, 2020

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