Aber die Vögel haben verlernt zu fliegen
Wird morgen früh, wenn deine Lippen das erste Wort formen...wird es salzig sein? Wird die Nacht noch ihr gewebtes Wüstentuch zum Morgenrot heben. Wird es sich erheben? Die Mühlen mahlen uns vom Leben bis zum Tod. Meere voller Schaum. Verweht, hingerissen, fortgetrieben. Welche Farben sollen die Segel auf all den Wegen durch sie haben?
Wir lernten gehen und blieben irgendwann in Schmerzkäfigen verhangen. Wie brave Vögel, die sich freuen endlich eine Sitzstange in den Käfig geschenkt bekommen haben. Aber du bist doch frei...du bist ein Wolkenflieger...Flügel...schau, du hast sie doch.
Die Käfigtür öffnet sich...aber die Vögel haben verlernt zu fliegen. Sicher ist sicher...die Welt draußen könnte die Flügel verbrennen. Brav...gehorsam...Füße sind zum Stehen da, nicht zum Gehen. Futterzeit...Aus den goldenen Kuppeln wirft sich ein Happen...fang ihn...
Wund klaffen die falschen Türme aus unseren Füßen, denen wir folgen sollen. Die falschen Propheten rufen aus ihnen: Liebt nicht, lebt nicht...funktioniert...Liebt nicht, denn sonst waren ja alle Kriege umsonst. Ich, der Weise bin doch deine Uhr, rufen sie...Sekunde um Sekunde vom Leben in den Tod...Wer weiß schon, wann der letzte Gong schlagen wird, auch ihnen? Die Lügen ihrer Spuren umarmen sich im Lebensgrün und stopfen unsere Hände voll mit leeren Hülsen.
Federleicht müssten sie sein und wiegen doch so schwer, dass sie uns gebeugt halten. Und dort und hier, da formen sich die Herztöne trotzig zueinander. Der Sand in ihren Uhren beginnt sich über Rosengärten zu streuen. Bedeckt die Blütenköpfe, bis sie wie Sterne auf die Erde fallen. Ausgesät und durstig nach Ekstase. Es spielt ein umarmendes Seufzen durch diese Reise. Selbst wer auf dem Boden im Stillstand bleibt, der reist doch ewig.
Da mit dem letzten Ton, noch ganz trunken vom Schlaf, da...er klingt ins rote Segel und schimmert es über deine Brust, die sich mit all dem füllt, was längst geleert schien. Der Schein...überall Scheinbares...Wundes...Suchendes. Ganze Seilwinden voller Knoten haben wir abzutasten...so blind, wie wir lebenslang bleiben. Immer meinend zu sehen und sehen doch nur bis zum nächsten Atemzug. Der letzte wird der tiefste sein.
Trotz - DEM
Lotta Blau /2020
Bild:free