Theo Jansen, der Schöpfer der „Strandbiester“
Theo Jansen geboren am 17.März 1948 in den Niederlanden, studierte Physik. Aufgewachsen ist er in Scheveningen, jenem Stück Erde am Meer. Scheveningen ist ein wundervoller Ort und das prägt fürs Leben.
Kilometer lange Sandstrände, Dünen, der Leuchtturm, Strandcafés und die weite und einsame Sicht über das Meer. Hier ist der Sand noch weiß und die Luft heilend.
Sein physikalisches Wissen flechtet er in seine Biester und verknüpft somit Kunst und Wissenschaft. Diese „Strandbiester“ bestehen aus Plastikrohren und Verbindungen.Diese Skulpturen oder wie man auch immer jene Geschöpfe nennen mag, setzt er am Strand aus und von da an bewegen sie sich mit der Witterung. In ihren Plastikrohren wird Wind gespeichert und durch die Bewegungen in „Energie“ umgesetzt. Diese Krabbeltiere fühlen durch angebrachte Fühler, wenn ihnen etwas im Wege liegt und sie graben sich selbstständig in den Sand ein, wenn Gefahr durch ein Gewitter droht.Sie verankern sich - von ganz allein. Jansen ist ein Visionär, denn längst interessiert sich auch die Wirtschaft für seine Kunst. Sein Tun erinnert an Da Vinci, der seinerseits unter anderem Maschinen konstruierte und damit seiner Zeit weit voraus war.
Theo Jansens konstruiert Geschöpfe der Zukunft, denn, so meint er, sie werden alles überdauern. Robust durch ihre Konstruktion und dem Material sieht er sie in der Zukunft lebend durch den Wind als Strandbilder.
Gefangen durch sein eigenes Schaffen ist er in einen Strudel gezogen. Einen Strudel zu schaffen.
„Animaris Ondula“ bewegt sich durch viele „Beine“ über den Sand. Fast erscheint es einen, als wenn eine Gruppe Menschen sich im Gleichschritt zum Strandspaziergang getroffen hätte.Ein unheimliches Gefühl durchzieht einen für ein paar Sekunden und dann wieder schwangt man zur Begeisterung herüber.
Manche Erfindungen tragen flügelähnliche Schwingen, um den Wind einzufangen und ihn zu nutzen. Sie wirken ein Stück weit, wie zu Zeiten Otto Lilienthals. Es scheint so, als wenn sie jeden Moment abheben und fliegen.
Doch schon im nächsten Moment laufen sie weiter.
Ist die Einsamkeit, die weite Fläche am Meer, ist die Bewegung des Sandes, die Macht der Unberechenbarkeit des Wetters einzufangen? Zu nutzen und zu verändern? Jansen hat das geschafft. Die letzten seiner Gebilde tragen „Mägen“ mit sich in denen Wind gefangen wurde und aus die sie jederzeit ihre Energie schöpfen können.
Irgendwie klobig und doch elegant laufen sie den Strand entlang.Unheimlich und doch friedlich wirkend, zeitlos vor dem Horizont des Meeres, im Kreislauf der Bewegungen eingespielt. Alles ist Bewegung, nichts steht wirklich still. Selbst ein Sandkorn kann die ganze Welt umrunden, getragen von Wind und Wasser.Auch Jansens Gebilde vermitteln das.
Manchmal möchte man seine Ideen weiterspinnen. Gibt es vielleicht irgendwann einmal Autos, die mit diesen Verfahren bestückt sind? Nur durch das Speichern von Wind bewegen sie sich fort. Gibt es irgendwann vielleicht einen ganz neuen wirtschaftlichen Zweig, welcher auf Jansens Ideen beruht? So,wie die heutige Lasertechnologie ja nicht denkbar wäre ohne Einsteins Theorien?Was wäre, hätte genau dieses Verfahren das Problem der Energieversorgung für die Zukunft gelöst? Es könnten aber auch Fahrräder mit Windantrieb produziert werden.Was wäre, würde Jansen irgendwann auf die Idee kommen, seine Biester per Computer zu programmieren oder ihnen einen Chip einzubauen, um vielleicht die Bewegungen zu verfeinern oder ihnen noch mehr Selbstständigkeit zu geben?
Die Zukunftsforschung hat sicher Freude am Denken über Theo Jansens Erfindungen.
Die Frage ist nun, wenn man jene Konstruktionen betrachtet und Jansen ihnen sogar „Mägen und Muskeln“ zuweist, und ihre Selbstständigkeit sieht, ob es nicht auch ein Klischee bedient. Jenem nämlich, das Maschinen zu selbstständig werden könnten. Längst klonen sich manche Computerviren selbstständig, sind unberechenbar geworden. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, denn man sollte dann natürlich auch zuerst zur Biologie schauen, in der es sogar Unsterblichkeit von Mikroorganismen gibt. Jene Organismen vermehren sich durch sich selbst, kurz bevor ihre eigentliche Lebenszeit abgelaufen ist.Sie klonen sich ganz ohne Zutun des Menschen. Es ist eine Programmierung der Zellen, des Zelltodes. Und jene Ungeheuerlichkeit ist bei Weitem kein Einzelfall, vermehren sich doch viele Arten zum Beispiel nur bei passender Temperatur.
Nein,zugegeben ich habe spekuliert. Aber es macht Spaß darüber nachzudenken und jene Skulpturen als Anstoß
für so manche Überlegung zu nehmen.
Jansens Biester tragen zwar ein „Leben“ in sich, aber es ist ein Leben abhängig von seinem Erfinder.Und es ist auch nur ein Leben im übertragenen Sinne, denn Zellen sind zum Beispiel Leben, nicht aber Plastik.
Da sitzt er im Strandcafé und sieht seinen Konstruktionen beim Überleben im Regen und Wind zu und denkt vielleicht schon wieder über ein neues Geschöpf nach...
Lotta Blau, 2008