Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Nachtwunden

Nachts, wenn beinah alles schläft, dann werden auch die Uhren für mich still. Die Bewegungen des Lebens scheinbar etwas langsamer. Die Häuser werfen nur noch vereinzelt ihre Lichter aus den Fenstern und auf den Straßen beginnt die Einsamkeit zu sprechen.
Ruhe atmet anders als Lärm und Hektik. Sie atmet tiefer und gelassener. Auch darum, weil sie endlich ihre Zeit dazu hat. Gestresste Tage sind beinah toxisch für ein gewisses Gefühl des Ankommens. Irgendwie im Richtig-Sein. Im Loslassen. Im Verborgenen und auch im Geborgenen, dieser Momente.

Ist es Glück? Vielleicht, denn dann ist sich alles einig, ist sich ein Stimmiges. Ist mit dem Mantel der Nacht zärtlich zugedeckt. Das erleichtert die Schwere des ewigen Trotts, in dem man mitgezogen wird. Das Leben ist viel zu schnelllebig und entzogen damit die Langsamkeit, die jedes Gefühl benötigt, damit es überhaupt wirken kann. Damit es wahrgenommen und verarbeitet werden kann. Einsamkeit ist Luxus in den Städten. Aber man kann auch so, inmitten von Menschenmassen, alle Einsamkeiten, die existieren, finden. Es gibt die schönen, die gesuchten, die gefundenen, die üblen, die verhassten, die traurigen, die melancholischen, die liebende Einsamkeit.

Es regnet und leichter, beinah warmer Wind weht die Tropfen von den alten Gaslaternen in der kleinen Innenstadt Benrath gegenüber des Schlosses herunter. Sie kämpfen auch um Erhalt, die alten Lichter. Warm und edel glänzen sie noch und sollen bald gegen Energiesparlampen ausgetauscht werden. Dann ist es vorbei mit dem melancholisch schönen Schein an dem man nachts seine Seele baumeln lassen kann. Versunken, wie ein Schiff ins beinah Nirgendwo. Auch ein Schiff muss auftanken und tut das in den Tiefen des Alleinseins.

Stille...der Regen prallt gegen eine rote, alte Ziegelmauer. Obenauf ist sie mit allerlei Gras und Mauerblumen bewachsen. Es braucht halt jeder seinen ganz eigenen Halt und manchmal soll es eben eine Gasse durch die Nacht sein oder ein paar Steine.

Das Licht der Laterne ist für die Schwärze der Nacht, wie ein wunder Punkt. Oder wie ein Finger in der Wunde, die sich geschlossen hat und doch immer wieder neu beleuchtet wird.
Aber sie finden sich, die beiden. Immer wieder zusammen. Wie Sonne und Mond, Licht und Schatten, Tag und Nacht.
Bis es wieder Zeit wird die Segel des neuen Tages zu setzen, durch alle Schnelle der Lebensautobahnen. Und der Wind diese Stunden wieder anders schmeckt.

Bild und Text Lotta Blau 2020