Ausgezeichnete Eigenschaft Melancholie/ Vincent van Gogh
Vincent van Gogh wurde am 30.03.1853 in Groot-Zundert in Brabant geboren. Die Kunst war schon immer ein schlechter Brotgeber; auch van Gogh zählte zu jenen hochbegabten Malern, die erst sterben mussten, um erkannt zu werden. Ihm selbst schien es wohl weniger auszumachen, denn er liebte das, was er tat. Mit allen Höhen und Tiefen, die so ein Leben mit sich bringt.
Um sein ganzes Innere nach außen zu bringen, um zu versuchen er selbst zu sein, um in und mit der Malerei zu leben wären van Gogh wohl alle Wege richtig erschienen, aber noch war es nicht dieser Eine.Jener Weg, den jeder für sich selbst finden und einschlagen muss, um seinen ganz individuellen Sinn zu leben.
Nicht alle, aber viele Künstler sind von einer feinen Art des Humanismus umschlossen. Vincent trifft auf seiner Suche nach sich selbst und als Prediger in Petites Wasmes/ Belgien auf das Elend von Grubenarbeitern. Erschüttert stößt es ihn in einen Zwist und reißt ihn aus seinem ohnehin schon eher wagen Lebensstil. Helfen wollte er, gab alles für die Armen, doch das Bittere war zu viel. Van Gogh will darum wenigstens die Armut der Arbeiter teilen – schläft in einer Holzhütte - als Begleiter Hunger und Kälte.
Seiner Behörde war das ein Dorn im Auge, sie schließt ihn aus. Erst jetzt hat seine künstlerische Laufbahn wirklich begonnen. Vincent fängt an das einfache Leben zu zeichnen. Vincent malte Landschaften, malte aber auch das einfache Leben der Bauern. Die Landschaften sind überwiegend mit hellen, klaren Farben versehen, während er zum Beispiel für sein Bild“ Die Kartoffelesser“ dunkle verwendet. Er stellt den Betrachter damit in eine Perspektive des Miterlebens von Not und Wirklichkeit der Bauern und einfachen Menschen der damaligen Zeit.
Ein Leben der Farben beginnt. Es gibt wohl keinen Künstler, über den bis heute so viele falsche Mythen verbreitet werden.
Alleine die Annahme sein Bild „ Zimmer in Arles“ sei der Beweis für seine Geisteskrankheit hält sich bis heute aufrecht. Stefan Koldehoff widerlegt in seinem Buch „ Van Gogh- Mythos und Wirklichkeit“ alles. Auch über jenes Bild berichtet er und zeigt durch seine Recherche und das Ergebnis- van Goghs gemaltes Zimmer war und ist in der Realität schief und keineswegs in einem Wahn gemalt, wie falsch es ist über jemand zu urteilen. Etwas zu übernehmen, ohne Beweise...Van Gogh war keineswegs der arme Irre. Er war höchstwahrscheinlich Epileptiker, Alkoholiker und hat sich auch kein Ohr abgeschnitten, sondern nur einen Teil des Ohrläppchens. Anderenfalls nämlich wäre er verblutet. Die Anatomie des Ohres lässt nicht zu, dass man sich einfach ein Ohr abschneiden kann. Zu viele Blutgefäße liegen an dieser Stelle.
Van Gogh wurde von seinem Bruder Theo gefördert. Zwischen den Beiden gingen viele, viele Briefe hin-und her.
Hier zeigen sich schnell Vincents andere Talente. Seine Tiefsinnigkeit, seine Sprachgewandtheit, seine Sicht des Lebens vor allem aber auch seine Menschlichkeit, sein Mitgefühl. Auch seine Erlebnisse mit den Grubenarbeitern teilte er seinem Bruder mit:
(...)Ich habe keine Wohltätigkeitspläne, als wolle ich jedermann helfen, aber ich schäme mich nicht, zu sagen, dass ich immer das Bedürfnis gehabt habe und haben werde, irgendein Mitgeschöpf zu lieben.Vorzugsweise –ich weiß nicht warum-ein unglückliches, preisgegebenes oder verlassenes Geschöpf. Einmal habe ich sechs Wochen lang oder zwei Monate lang einen armen elenden Bergarbeiter gepflegt, der Verbrennungen hatte. Ich habe mein Essen einen ganzen Winter lang mit einem armen alten Mann geteilt, und der Himmel weiß, was noch alles, und nun ist Sein da. Aber ich habe das nie für töricht oder für verkehrt gehalten. Ich halte es für so natürlich und richtig, dass ich nicht verstehen kann, wie die Leute im allgemeinen so gleichgültig zueinander sein können. Ich muss hinzufügen, wäre es verkehrt so zu handeln, so wäre es auch verkehrt von Dir, mich so treu zu unterstützen. Ich habe immer geglaubt, dass „ Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ keine Übertreibung ist, sondern ein normaler Zustand.(...)
Melancholie durchlebte viele Zeiten von hochgejubelt und beneidet, bis abgetan als Depression, wurde oft verkannt und steckt ebenso wie die Ansichten über van Gogh in Schubladen fest.
(...) Stunden der Schwermut, der Not, der Angst- ich glaube, die haben wir alle in kleinerem oder größerem Ausmaß, und es ist Bedingung jedes bewussten menschlichen Lebens.(...)
Auch van Gogh trug sie in sich. Heute gibt es einige Wissenschaftler wie den Psychologen Heiko Ernst, die die Melancholie als positive und wunderbare Eigenschaft sehen, die gelebt werden soll und vor allem genutzt. So gibt es sogar Seminare, die der Psychotherapeut Josef Zehentbauer gibt, um Führungskräften die positive Kraft der Melancholie zu zeigen.
Zehentbauer sagte in der PSYCHOLGIE HEUTE, 2001:
“Melancholie will gelebt werden. Sie braucht Raum. Unterdrückt man sie, kommt man an den anderen Pol, die Trostlosigkeit der Depression.“ Auf die Frage wo genau die Grenze von Melancholie und Depression liegt antwortete er:“ Melancholie und Depression verkörpern Unterschiedliches. Die Melancholie ist niemals Krankheit, sondern eine - manchmal vielleicht tragische - Auszeichnung, die den Menschen aus der grauen Durchschnittsmasse heraushebt. Melancholische Menschen haben ein inneres Gleichgewicht, das ein Abstürzen verhindert.“
Van Gogh kannte diesen schmalen Grad zwischen zwei Welten wohl zur Genüge. Viele kreative Menschen leben mit ihren melancholischen Zyklen. Ohne sie wäre das Fortschreiten der Menschheit nie in diesem Maße möglich gewesen. Und ohne sie wäre keine Kunst, Literatur- ja überlegen Sie einmal...was alles fehlen würde.
Denn Kreativität gilt für mich als einer der treibenden Motoren in der Evolution. Zur Kreativität gehört auch das Problemlösen. Probleme lösen, also Wege zu finden, bedeutet wiederum einen Fortschritt. Dieses Thema sei hier von mir nur ganz kurz angeschnitten, trägt aber dazu bei das nie aufhörende Streben nach neuem Wissen zu verstehen und auch zu verstehen warum es Außenseiter geben muss, die den Mut haben neue Wege in allen Bereichen des Lebens einzuschlagen.
Van Gogh wollte immer für die einfachen Leute malen. Niemals für Galerien und schon gar nicht um berühmt zu werden. Würde er wissen, dass seine Bilder heute zu den teuersten der Welt zählen, wer weiß, was er dazu sagen würde.
(...) Wenn ich gerade in guter Stimmung bin, denke ich so: Was lebendig in der Kunst ist, und ewig lebendig, ist in erster Linie der Maler und in zweiter Linie das Bild...(...)
Vincent van Gogh starb am 29.07. 1890 in Frankreich.
Bild: Zyklus einer Blume und Text Lotta Blau, 2007