Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Hermann Hesse...Steppenwolf und Weiser

Hermann Hesse schrieb in einem Brief von 1922 an H.C. Bodmer folgende Zeilen:

"Mir scheint, die Erhaltung so außerordentlicher, guter, geistiger Menschen wie Ball und seine Frau es sind, gehört heute zu den unabweisbaren Pflichten...

Wir geistigen Menschen von heute können ja nichts dafür, dass wir an die Wand gedrückt und ausgehungert werden...

Wir sind weniger als andre fähig, fünfe gerade sein zu lassen, den Schwindel mitzumachen, gleich allen anderen sich auf Schiebereien, Spekulieren etc. einzulassen...

In einem Fall wie von Ball halte ich es für meine Pflicht, alles zu versuchen, seine Existenz und seine Arbeit ist unersetzlich...seine Geistigkeit ist von einer so seltenen Reinheit und Höhe, sein Charakter von einer so vorbildlichen Vornehmheit, dass man solche Menschen, die besten ihres Volkes, nicht ruhig kann untergehen sehen."

Hesse lernte Hugo Ball und seine Frau 1922 kennen. Hugo Ball konnte von seinen Büchern nicht leben, darum unterstützte Hermann Hesse ihn und verhinderte so, dass Ball einen Brotberuf ergreifen musste.

Überhaupt hatte Hesse immer ein offenes Haus für Freunde, später auch für Emigranten, wie Brecht...

"Brecht war, zusammen mit mehreren andern aus Deutschland Geflohenen, einen Nachmittag bei uns, man sprach unter andrem von den Bücherverbrennungen...seine Gedichte und Erzählungen liebe und schätze ich von den Anfängen bis heute (...)"

Auch Thomas Mann war kurzweilig Hesses Gast. Ebenso, wie der Verleger Kurt Wolff, der Indologe Prof. Heinrich Zimmer oder Gunter Böhmer. Auch eher Unbekanntere, wie ein Schriftsteller aus Leipzig gehörten zu den Besuchern.

Hesse versuchte alles, um Verfolgten und Emigrierten zu helfen, so auch zum Beispiel Martin Buber. 1938 gab er dem staaten- und mittellosen Peter Weiss den Auftrag für Freunde illustrierte Handschriften einigen seiner Erzählungen und Märchen herzustellen. So wollte Hesse Weiss helfen über die Runden zu kommen.

Später (1974) erinnerte sich Weiss:

"(...) Als ich mich als Zwanzigjähriger an Hesse wandte und ihm einige meiner Manuskripte und Zeichnungen schickte, lebte ich in der totalen Isolierung der Emigration."

Keine Frage...Hesse stellte selbst sein eigenes schriftstellerisches Tun hinten an. Anders wäre es wohl auch nicht gegangen...wäre wohl keine Zeit und Kraft, die dringend zur Hilfe und dem ganzen Auffangen notwendig war, aufzubringen gewesen. Unzählige Briefe schrieb er auch in aller Herren Länder an Freunde. Er hatte ja sowieso mit vielen, vielen Zuschriften zu kämpfen..an die 35tausend Briefe soll er im Laufe seines Lebens beantwortet haben. Nicht zu vergessen sei hierbei, dass Hesse an einem Augenleiden litt, dass ihn schmerzhaft begleitete...

An Max Herrmann Neiße schrieb er 1938 in einem Brief:

" Es war ein schweres Jahr, schwer an Leid und Sorgen, und an Arbeit, denn all das Flüchtlingselend wächst uns über den Kopf, und es stehen zu lassen, um zu meiner eigenen Arbeit zu gehen, ist mir im Laufe des Jahres nur sehr wenige Male geglückt. Vielleicht ist das wirkliche Erleiden ( und Bewusstmachen des Grauens) unserer Zeit heute notwendiger als alles produktives Tun."

Er war eben nicht nur ein Steppenwolf, sondern auch ein Weiser...denn so, wie er die Einsamkeit und die Natur liebte, auch die Gartenarbeit, die ihn vor allem nach dem Krieg zu neuen Kräften kommen ließ, so war er auch ein Helfer in der Not für andere...und das eigentlich sein ganzes Leben hinweg.



Lotta Blau, 2018