Schreien sollen die Glocken
Ich ersuche die Stürme
seid still - lasst das mahnende Vergangene lauter werden
reißt an den Stricken der Himmelsglocken
bis nichts mehr anderes zu hören ist
schreien sollen ihre Stimmen
ihr Weinen sich aus allen Gräbern der Welt erheben
und über Hassmünder legen
Alle Vögel schrecken ins Nirgendwo zu ihnen
ruhelos geworden vom täglichen Weltgeschehen
liegt ihr Meer in den ziehenden Wolken
suchen sie die zeitlosen Ufer
die Tauben ermahnen sich
gerade noch im Futterrausch
drohend ausgebreitete Flügel - dennoch
keine würde die andere verletzen
täglich droht uns die Wiederkehr
es war nie gegangen
der Keim tränkt sich mit der Blume des Bösen
schändet die Kinderschuhe der Toten
Asche sitzt noch in den Haaren und Mauerritzen
der Hass ist ein bösartiges Geschwür
in den Köpfen
vertrieben das Frühlingslied der Liebe
es tönen die Namen und Namenlosen
regnen sich auf die Felder
das tägliche Brot
wächst an manchen Orte noch immer auf
ruhelose Menschenknochen
jedes Jahr neu umgepflügt
aus ihnen kriechen die Geister zu den Massengräbern
schwarzes Brot
wir haben es Tag um Tag gegessen
es wurde ein Wegwerfartikel aus einem Geschichtsregal
das Betäubte und Verschwiegene
das Unterdrückte streckt nun
seine verweste Hand aus der braunen Erde
und ward auferstanden
Bild und Text Lotta Blau