Wir sind die großen Einsamen, die sich durch die Stürme finden und verlieren. Sandschiffe ziehen durch Kanäle aller Tage. Sie tanken die Nächte voll. Bis Sehnsucht - Wiederkehr. Die Himmel sollen funkeln in der Wüste unseres Selbst und wenn aus dem Bitteren die Tränen der Liebe.
Und dort wirst du und dort vergehst du. Die Hände reiben den Staub von den Herzen. Welche Farbe hat er. Heute, morgen...welche im Nirgendwo. Und welche Farbe kann die Wandlung der Wahrheit denn haben? Gestern noch war sie so und heute ist sie so. Morgen erkennen wir sie nicht mehr. Wir beladen unsere Existenz mit Fragen. Wir müssen es tun. Es gibt so wenige wahrhafte Antworten. Es hängen so viele beleuchtet an den Klaviersaiten, an denen man damals die Unliebsamen und Gehassten langsam und qualvoll erhängte. Die Worte zu Gewehren geworden. Der Fragende schifft in sein Exil ein. Es kommen Tage, wie keine...heute wieder. Die Koffer voller verbrannter Rosen. Der siebenarmige Leuchter mit Tränengarn umwickelt. Er reicht bis zur ewigen Trauer. Es lässt der eine, den anderen im Schmerz umwickelt. Wir waren doch gestern schon in den Worten zu sagen. Im Nebel zu wandern. Bis Finsterland.
Bild und Text Lotta Blau, 2020
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Die innere Revolte
Es ist deine Melodie, die mich ruft. Inmitten der Oberfläche ruft mich die Tiefe. Ertrinkt sie an mir? Die Tiefe hat niemals ein Ende. In sie zu tauchen, das bedeutet das Bodenlose anzunehmen, denn jeder Grund bewegt sich im Einklang mit stetiger Veränderung.
Ich bleib ungesättigt an Gefühlen des Wissens, es revidiert sich und dann bleiben nur Hüllen von dem, was einmal Ankerufer vortäuschte. Denken ist eingrenzender Prozess, auch ein sehr intimer Vorgang, der Grenze in Grenze verschachtelt und daraus eine neue, weitere Schachtel fertigt, während das Gefühlte eine Momentaufnahme der Echtheit ist. Das Leben ist fühlbar und begrenzt denkbar. Was gestern noch undenkbar war, das ist es heute schon wieder für die Zukunft. Was spürbar, fühlbar aber darauf wartet, seit Bestehen, das bleibt etwas, was nie vollständig befüllbar ist. Mit einer Ausnahme...wenn wir erwartungslos lieben dürfen und geliebt werden. Jede Faser in uns leuchtet dann. Nirgendwo weht nur Stille, Nirgendwo nur heller Sonnenwind, der sich über die Seelen flüstert. In uns lebt sich Licht und Schatten durch die Zellen. Sie umfassen sich, umarmen sich wie, die Ur-Substanzen aller Entstehung.
Das Dunkel, die Stürme des Lebens, die uns gebeugt bis zum Boden....sie verschieben sich das innere Sehen. Wie ein Vogel, der an seinem Käfig gekettet ist, tritt Schmerz in uns. Fluchtgedanken kommen auf. In der Schwere hin zur Leichtigkeit. Doch so oft wir an der Kette ziehen und uns lösen wollen, umso mehr fügen wir uns selbst weitere und tiefere Wunden zu.
Stürme kommen und vergehen, bringen Leben oder Zerstörung, verteilen die Keime des Lebens oder verbrennen sie.
Und so oft wir meinen durch Vermeidung allen Herausforderungen zu entgehen, umso mehr werden wir die Verletzungen spüren.Es bleibt das Annehmen und Durchstehen. Es folgt die Wandlung und die Einsicht, dass wir je mehr gebeugt von der Last auch umso näher an unseren Wurzeln sind und damit uns selbst begegnen. Es überdauert vielleicht das Gebeugte, aber je mehr und schlimmere Stürme, um so mehr werden wir uns verankern können. Während ein Weglaufen uns weiter schwächen würde. Das ist die Revolte in uns...die innere Revolution unseres Selbst, die uns auffordert uns anzunehmen, samt dem, was uns ausmacht.Die
Es ist sicherlich vollkommen natürlich und genauso tief verankert in uns, dass wir uns eher zum Leichten richten, doch jedes Flüchten bedeutet, dass auf den einen Sturm schon bald der nächste folgen wird und das kann in der Tat ein Zusammenbrechen bedeuten. Im Gegensatz, ja tatsächlich eigentlich ambivalent wirkend, treiben uns die Möglichkeiten aller Wege in uns, doch auch immer wieder zum Erspüren von Gefahren, zur Vorsicht, zum Einhalt. Gefahren bedienen sich in uns mit einer Mahnung zur Flucht. Das ist tief im Menschen verankert. Es bedeutet, sich zu retten. Sitzen wir dann aber in der vermeintlichen Rettungskapsel, dann lösen sich viele aufkommende Vorbehalte und ein Bedauern tritt ein.
Manches, ja, manches darf jedoch auch verschlossen werden und bleiben und ruhen. Manchmal ist das besser. Aber das Meiste will uns leeren und lehren.
Kein Baum, keine Pflanze verträgt ständig Regen. Das wäre aber so, wenn wir immer wieder die Wassereimer füllen, in denen wir den Schmerz sammeln, bis er überläuft und ein zerstörender Bach wird.
Bild und Text Lotta Blau
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Immer da
Draußen,vor dem Fenster, Möwenrufe. Vorhin, mein müder Trost, Taubenschwärme am Schloss synchron im Flug. Nach links und nach rechts. Immer wieder. Bilder suchen sich ihre Leinwände, pinseln Erinnerungen. Da waren doch gestern noch magische Momente. Dort, wo im Sommergewölk die Vögel in den Abschied durch ihr Leuchten flogen und die alte Donau sanftmütig ins Zeitlose sang. Und dort, wo das saftige Gras, beinah wie nimmersatt seiner Farbe, meine nackten Füße mit ihrem Saft schimmern ließen.
Im Herzgewölbe dieser Bilder- Nähe, da gehe ich barfuß. Und geh und geh...singe und tanze von diesen pulsierenden Erinnerungsströmen angetrieben. Irgendwann wird Stillstand kommen. Dort wird das Wandern seine müden Worte abgeben. Man kann den Tod nicht überleben, man kann sich zu ihm gesellen, ihn umarmen und seinen Atem spüren, denn er atmet mit uns gleich. Jeder Atemzug, den wir einatmen ist einer den wir ihm übergeben. Jedes Pulsieren treibt den Sand zum anderen Ende. Ufer voller Ur-Boote, an denen Sehnsüchte vorbeigehen. Wie liebende Schatten, die sich an die Wege pflanzen.
Funkelnde Staubhände greifen sich die letzten Wolken. Leuchten durch alle Töne, die immer wieder von vorn verstehend klingen wollen.
Lotta Blau
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Herz im Lebensmeer
Wo willst du hin, sagte das Meer zum Herz.
Ich weiß es nicht, entgegnete das Herz. Aber du bist so unendlich tief und weit...deine Wellen werden mich hinaus tragen und mich durch dein Sein wiegen. So wird es auch mein Weg. Ich gebe deiner Kraft und Energie mein Vertrauen....und deiner Weisheit seit Urbeginn mein Leben.
Achtsam werde ich auch deine Lieder hören, die mir von Sehnsucht und der Liebe erzählen. Ich werde mir deine Farben einprägen und mich mit dir zusammen durch deine wilden Stürme kämpfen. Den Horizont werde ich immer näher kommen- Welle für Welle und Aufbäumen für Aufbäumen.
Sonnenauf- und Sonnenuntergänge malen mir die schönsten Bilder und wolkenblauer Himmel laden ein zum Träumen und Treiben lassen.
Dein Lebensschaum wird mir manchmal die Sicht nehmen, doch ich will es als Chance sehen. Manchmal wird mich Nebel umhüllen und ich werde nicht mehr wissen, wo ich bin...doch irgendwann wird sich dieser wieder lichten und mein Blick wird umso klarer sein.
In den Nächten werden mir die Sterne und der Mond ihre Geschichten erzählen und tagsüber berühren mich die Schwingen mancher Vögel. Licht und Sonne streicheln meine Seele, wenn ich manchmal vielleicht der eintönig wirkenden Farben deines Wesens müde bin.
Blitze und Donner werden versuchen mein Herz zu kentern...doch ich will versuchen im Gleichgewicht zu bleiben.
Hin und wieder schaukelst du mich an spitzen Klippen vorbei und ich werde Sorge haben daran zu zerbrechen. Auch werde ich mich manchmal danach sehnen statt deiner wilder Wellen lieber ruhige See zu haben, doch das liegt nicht in meiner Macht. Ich werde mich deiner Lage fügen und versuchen alles zu überstehen.
So treibe ich durch dich...mein Meer...mein Leben...bis zum Horizont und was dann kommt...ich vertraue dir...
2018
Bild: free
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Die Unbekannte
Sie hatte sich gerade einen Kaffee frisch aufgebrüht, sich auf ihren Balkon gesetzt und angefangen einen Liebesroman zu lesen, als es an der Tür schellte und sie ging, um zu öffnen.
Ihr langes, blondes Haar wippte bei jedem Schritt, in ihren Gesicht lag Neugier, wer wohl an der Tür stehen würde, als auch etwas Hast, denn sie wollte wieder in ihrem Buch lesen.Durch den Raum zog sich der Duft ihres Lieblingsparfüms. Durch die Fenster spiegelte sich der schöne Sonnentag in alle Zimmer der Wohnung. Da schaute sie noch kurz zur Seite an die alte geerbte Kommode ihres Onkels und entdeckte vom Sonnenlicht offengelegt ein kleines Spinnennetz dahinter. Kurz ärgerte sie sich noch, da hob sie schon ihren Arm und griff nach der Klinke der Tür, um sie hinunter zu drücken. Mit der anderen Hand strich sie ihr kurzes, blaues Kleid glatt, dass sich durch das Sitzen auf dem Balkon etwas zerknittert hatte.
Seitdem war es Herbst geworden, der Wind hatte einige Blätter von den Bäumen gefegt und manche davon legten sich über ihr Buch und den Tisch, als wenn sie sich dort zur ewigen Ruhe legen wollten.
Sie blieben dort liegen, die bunten und doch welken Blätter...schliefen abends mit Sternenlicht vermischt über den Zeilen ein und bedeckten die Worte, als wenn sie sie beschützen müssten.
Sie kam nicht mehr, die Frau...kam nicht mehr, setzte sich nicht mehr an ihren Tisch auf den Balkon, trank ihre Tasse Kaffee nicht mehr aus...Ihre Wohnungstür stand noch einige Tage einfach offen...jeder hätte hinein gehen können- einfach so. Niemand tat es...zwar wunderten sich alle, die die Etagen hoch-und runter liefen, um zu ihren eigenen Wohnungen zu gelangen, schauten kurz...dachten sich, die Frau wäre wohl einfach kurz nach unten zum Briefkasten gegangen...würde sicher gleich wieder kommen. Doch die Tür blieb unverändert offen stehen...
Man grüßte sich zwar, falls man sich im Treppenhaus begegnete, doch das war alles...man blieb sich im Großen und Ganzen unbekannt und fremd.
Was war geschehen?
2018
Bild:free
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So viel Himmel in uns
Bald tritt der Morgen im hellen Sonnenkleid in die Uhren. Ich wache über das letzte Atmen der nächtlichen Stunden. Die Sterne sind mir wunderbar. Berauschen mein Herz. Das Hinübertreten der dunklen Stunden zum Licht des Tages liegt im letzten seidenen Warten.
Wie die Nächte sich durch die tragenden Stunden schieben. Ach, alles will werden und sein. Das Nächtliche ist still im Herzen. Wir sind so viel Himmel in uns und legen unser Sehnen zu den Sternen.
So viele Sterne wie Küße- Küße soviel wie Sterne in uns. Liebkost uns die Dunkelheit und umschmeichelt unsere Wünsche. In allen Sehnsüchten wartet die Verschmelzung unserer Tiefe. Wartet auch die Einsamkeit des Ganzen.Trägt sich hinüber zur vollen Stunde am Morgen. Sie trägt sich hinüber im Mantel der Liebe.
Alles Eins ist in uns. Du umhüllst mein Sehnen mit deinem dunklem Kleid. Wie eine Feder, so leicht, schickst du es in den Hauch des Nachtwindes zur Hoffnung der Erfüllung. Mich umrunden deine stillen Worte, du Nacht. Schon singt der frühe Vogel.
Bild und Text 2017
Geflicktes Herz
Deine Worte, deine Zeilen...sie treiben Wüstenschwingen durch die Sommerglut. Gleisend helles Licht, das von irgendwo her kommt. Der Boden, tief unten bleibt, doch schon unter der Oberfläche beginnen die Bilder aus deinen Worten zu tanzen. Bäumen sich auf, sacken wieder in sich zusammen. Sandstürme rieseln aus deiner Sprache. Dort ist doch das Niemand, das sich sucht und ist gerade dann sich selbst am Nächsten. Das in all deinen Wunden bohrt...Pfeilspitzen deiner Vergangenheit. Vergiftet das Lieben...Liebe...du weicher, warmer Vogel...hast dir deine Flügel an der Kindheit verbrannt. In all den gestutzten Käfigen. Ah...ferne Nähe, nahe Ferne...geflicktes Herz du... danach kannst du wohl nur noch einem vertrauen - deiner Suche, deinem ewigen Wandern, deinen Fluchten vor all den Vergangenheitsschmerzen. Sie zerströmen mit diesen Gluten, die die Narben immer wieder brennen...Erbarmungslos...Leid. Die Furchen ...der Treibsand verschluckt deine tränenden Augen. Ankommen. Stillstand. Stille. Loslassen. Da eröffnet sich eine Oase inmitten deines Versinkens. Dort...singen die Trostlieder. Spielen deine wirren Herzlieder zu meinen. Ich setz die Segel durch Sandmeere.
Für dich, mein lieber Freund, Blütengesänge
Benetzt
2020
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Die Flächen
Eines Tages kam ein Vorschlag zur Probe von der Obrigkeit...ab sofort hatte sich jeder nur noch auf einer kleinsten Fläche zu bewegen- aber diese war sein eigen. Niemand könnte diese Fläche in Beschlag nehmen. Bedingung war ab nun sich nicht mehr aus dieser Fläche zu bewegen...natürlich würde jeder versorgt mit allem,was er benötigt. Der Mensch bräuchte ab sofort keine Sorgen und Not mehr zu haben. Alles würde es im Überfluss geben.
Viele Menschen freuten sich und gingen darauf ein. Zunächst lebten sie voller Freude und unterwarfen sich der Obrigkeit.
Mit der Zeit aber wurde ihnen langweilig und immer bequemer wurden sie auch. Sie vermissten ihre Freiheit und das normale Leben.
Da versuchten die Ersten hinauszutreten, um Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen...doch das funktionierte nicht, denn die Flächen waren gesichert. Nun erst stellten sie auch fest, dass noch nicht einmal ein Ton hinaus drang.
Egal, was sie anstellten...sie konnten sich nicht aus der Fläche befreien...doch die Reue kam zu spät.
Bild und Text 2018
Das täglich gewohnte Bild
Jetzt schaust du mich an...du stehst da, betrachtest mich und denkst dir wahrscheinlich....nichts....du denkst dir nichts, denn ich gehöre für dich in dein tägliches Weltbild dazu. Ich bin immer einfach für dich da gewesen..wie Phönix aus dem Untergang empor gestiegen.
Aber ich gehöre nicht in dein tägliches Bild dazu, weil du dir Gedanken machst, warum ein anderer Mensch zum Bettler wurde, sondern weil du an dieses Bild gewöhnt bist.
Es ist selten, dass du überhaupt einmal zu mir blickst, denn normalerweise bin ich so selbstverständlich für dich, dass du einfach durch mich hindurch siehst oder wegschaust.
Ich spreche nichts zu dir...auch ich schau dich nur an...ich frage mich, warum du mich nicht fragst...warum du nicht aus deinem täglichen Bild heraus gehst und mir vielleicht nur ein Wort vor die Füße wirfst. Denn etwas vor die Füße werfen ist ja auch in deinem täglichen Bild verankert...im Vorübergehen wirft jemand zehn Cent vor meine Füße.
Ich würde dir so gerne sagen, was mein Leben damals ausmachte und wie es heute ist...vor allem dich warnen...Doch du kommst nicht...es ist dir egal...die Routine wäre sonst weg und dein Weltbild würde kippen.
Manche von uns...sag es ruhig weiter mit deinen Blicken-Penner- wurden ermordet und gequält...sie schliefen auf einer Parkbank und wurden verprügelt...aus dem Schlaf heraus. Sie hatten Kinder,waren ein Vater...immer...im Herzen. Denn diese Liebe konnte auch das Leben auf der Straße nicht nehmen. Manche haben auch ein altes Foto irgendwo in ihren kaputten Kleidungsstücken...zusammengefaltet...und doch eine bittersüsse Erinnerung aus der Vergangenheit.
Ich kenne einen, der war früher Lehrer...er hielt dem Druck nicht mehr stand und begann zu trinken. Mehr und mehr...irgendwann machte er sich nicht mehr die Mühe nach Hause zu gehen, sondern schlief einfach irgendwo in seinem Suff draußen ein.
Ja, die schöne...deine schöne tägliche Welt...sie macht oft die Menschen kaputt und spukt sie dann aus, denn sie sind nicht mehr brauchbar im Zahnrad des Schaffens.
Ich weiß, du und die anderen aus deiner schönen Welt mögen keine Tauben...deine Blicke sind jetzt vorwurfsvoll...da die Tauben zu mir kommen und meine Gäste sind.
Du denkst dir Ratten der Lüfte gehören eben zu den Ratten der Straße...denkst darüber nach, wer wohl mehr Krankheiten übertragen könnte und ekelst dich...ich sehe es...
Doch so ist es nicht. Die Tauben sind reiner, als viele Menschen und friedvoller. Vor allem dankbar und lieb.
Lieber als Menschen sind sie mir oft und sie vergessen nie, wer ihnen obwohl er selbst nichts hat einen Brotkrume abgibt.
Wohlhabend war ich einmal...ich war so wie du und schaute verachtungsvoll nach unten zu denen da unten...bis ich fiel und mir alle seelischen Knochen brach.
Jetzt nimmst du dein Handy und telefonierst...meine Blicke haben dich etwas nervös gemacht...ist ja schon mal ein Anfang dahin, dass dein tägliches gewohntes Bild sich verändert...
2018
Bild:free
Resümee eines Lebens
Da stieg er aus seinem Bild heraus und schaut darauf...ist das mein Leben?, stellte er sich die Frage und möchte ich dahin zurück? Was hat denn mein Leben bis jetzt ausgemacht? Und was habe ich erreicht? Ist denn das Leben bis jetzt so gewesen, wie ich es mir erträumt und erdacht hatte? Ist meine Hoffnung erfüllt?
Er merkte - eine lange Zeit bräuchte es, um darüber nachzusinnen und wollte sich lösen von seinem Lebensbild. Doch er war verwachsen damit...verbunden mit dem was schon war...und ist.
Haus, Frau, Kinder, Arbeit, Pflichten und erschrocken bemerkte er, dass seine Freiheiten im Laufe des Lebens immer weniger geworden waren...er immer mehr im Gehäuse der Erwartungen von allen Seiten an ihn eingesperrt war. Längst war jeder Schritt beinah schon blind möglich...alles Unbekannte war zum Verzweifeln bekannt und bargen keine Neugier mehr...keine neuen Wege.
Trotz aller Liebe zu seiner Frau und seinen Kindern und zu dem, was er geschafft hatte, hatte gerade dies ihn erdrückt und zu einem Zahnrad im Uhrwerk des täglichen Lebens gemacht, denn er wollte immer andere glücklich und zufrieden machen, wollte allen seinen Liebsten gerecht werden.
Nun schaute er voller Traurigkeit darauf...denn in all dem, was er gegeben hatte, hatte er sich verloren.
Eine sehr lange Zeit stand er so da...fassungslos ob dieser Erkenntnis und unfähig eine Entscheidung zu treffen...die Gewohnheit besänftigten oft seine Gedanken, wenn doch einmal Zweifel kamen.
Was und wer bin ich...losgelöst von all dem?
Bin ich noch ich?
Da trat aus dem Bild seine Frau heraus...und stellte sich neben ihn...
Und sie überlegte: Bin ich noch ich? Wer war ich und wer bin ich heute?
Gemeinsam überlegten sie und schwiegen dann eine lange Zeit. Standen einfach nur nebeneinander und schauten dabei auf ihr Lebensbild.
Vielleicht stehen sie immer noch...vielleicht aber haben sie sich ihrer einstigen Liebe besonnen und ihrer Gemeinsamkeiten und haben sich als Verlorene wieder gefunden.
Bild: Aus dem Bild gefallen und Text 2018
Zwischen Herz und Hirn
Einmal geriet ein Mensch in eine unklare Situation. Er konnte sich nicht entscheiden und versuchte abzuwägen zwischen Herz und Verstand. Zwischen Gefühl und Logik überschritt er eine sehr dünnes Seil. Dabei spürte er ständig mal das Herz schwerer, dann wieder den Kopf und hatte alle Mühe das Gleichgewicht zu halten.
Am Ende des Seiles musste er eine Entscheidung treffen.
Es wäre so schön, sagte das Herz. Aber auch so gefährlich, sagte das Hirn.
Ja, aber es bringt doch Freude, sprach das Herz zum Kopf...
Dieser sagte: Freude schon, aber es könnte auch viel Unglück
bringen.
Du machst mir Angst, gab das Herz zurück.
Und du mir mit deiner Gefühlsduselei, sprach das Hirn. Ich will dich eben vor Schmerzen und falschen Schritten bewahren...
Aber ich weiß ja eben nicht, welchen Schritt ich als nächsten gehen soll...ich möchte mich gerne auf meine Intuition verlassen und es wagen voran zu kommen.
Das Hirn erwiderte: Dann begibst du dich in die Gefahr Fehler zu begehen und am Ende gar zu verlieren...Willst Du das?
Du wirst dann wieder leiden und in allem Schmerz meine Logik überdecken...es wird wieder dauern, bis du zu dir kommst. Möchtest du dich dem wirklich aussetzen? Hast du nichts aus deiner Vergangenheit gelernt?
Doch, gab das Herz zurück...ich habe gelernt und es stimmt...ich habe auch sehr gelitten und doch wissen weder du noch ich, was tatsächlich kommen wird, wenn ich mich dafür ausspreche diesen Schritt zu gehen.
Aber manche Dinge kann man vorher sozusagen abstecken und Gefahren erkennen, sprach der Kopf. Und sie umgehen, beziehungsweise direkt ausschalten, indem man ihnen keinen Grund und Boden gibt.
Du wirst es nicht glauben, aber ich weiß das alles...ich spüre.
Vielleicht kann man sie sich ausmalen und sich sagen, dann bleib ich eben stehen und im Altgewohnten, statt ein Risiko einzugehen, gab das Herz zurück. Es ist am ehrlichsten wenn ich mir selbst folge...auch wenn ich mir bewusst darüber bin, wieder zu fallen. Ich möchte mir gerne treu bleiben.
Denn das, was an Schönem, an Liebe, an Neuem, an ein Weiterkommen, an Reife in diesen Schritten liegt, das möchte ich erfahren. Selbst auf die Gefahr hin sehr verletzt zu werden.
Du bist unbelehrbar, sprach das Hirn. Ich habe dich gewarnt...
2018
Bild:free
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Trotzdem
Wird morgen früh, wenn deine Lippen das erste Wort formen...wird es salzig sein? Wird die Nacht noch ihr gewebtes Wüstentuch zum Morgenrot heben. Wird es sich erheben? Die Mühlen mahlen uns vom Leben bis zum Tod. Meere voller Schaum. Verweht, hingerissen, fortgetrieben. Welche Farben sollen die Segel auf all den Wegen durch sie haben? Wir lernten gehen und blieben irgendwann in Schmerzkäfigen verhangen. Wie brave Vögel, die sich freuen endlich eine Sitzstange in den Käfig geschenkt bekommen haben. Aber du bist doch frei...du bist ein Wolkenflieger...Flügel...schau, du hast sie doch. Die Käfigtür öffnet sich...aber die Vögel haben verlernt zu fliegen. Sicher ist sicher...die Welt draußen könnte die Flügel verbrennen. Brav...gehorsam...Füße sind zum Stehen da, nicht zum Gehen. Futterzeit...Aus den goldenen Kuppeln wirft sich ein Happen...fang ihn...
Wund klaffen die falschen Türme aus unseren Füßen, denen wir folgen sollen. Die falschen Propheten rufen aus ihnen: Liebt nicht, lebt nicht...funktioniert...Liebt nicht, denn sonst waren ja alle Kriege umsonst. Ich, der Weise bin doch deine Uhr, rufen sie...Sekunde um Sekunde vom Leben in den Tod...Wer weiß schon, wann der letzte Gong schlagen wird, auch ihnen? Die Lügen ihrer Spuren umarmen sich im Lebensgrün und stopfen unsere Hände voll mit leeren Hülsen.
Federleicht müssten sie sein und wiegen doch so schwer, dass sie uns gebeugt halten. Und dort und hier, da formen sich die Herztöne trotzig zueinander. Der Sand in ihren Uhren beginnt sich über Rosengärten zu streuen. Bedeckt die Blütenköpfe, bis sie wie Sterne auf die Erde fallen. Ausgesät und durstig nach Ekstase. Es spielt ein umarmendes Seufzen durch diese Reise. Selbst wer auf dem Boden im Stillstand bleibt, der reist doch ewig.
Da mit dem letzten Ton, noch ganz trunken vom Schlaf, da...er klingt ins rote Segel und schimmert es über deine Brust, die sich mit all dem füllt, was längst geleert schien. Der Schein...überall Scheinbares...Wundes...Suchendes. Ganze Seilwinden voller Knoten haben wir abzutasten...so blind, wie wir lebenslang bleiben. Immer meinend zu sehen und sehen doch nur bis zum nächsten Atemzug. Der letzte wird der tiefste sein.
Lotta Blau , 2020
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Morgen-Land
Pulsierende Schnelligkeit, die sich durch Sanduhren treibt. Eines drückt das andere nach unten und will sich doch nur selbst retten. Sie nehmen alles mit. Die Vergangenheit, das Nanomoment des Scheinbaren, die Rufe, die durch die Jahrhunderte gehen: Werdet, seid und geht...vergeht, zerfließt vom Morgensommergrau in winterblaue Gestirne. Das Herz ist leer, der Kopf ist voll. Die Augen zittern lastbeladen nach Stillstand. Jedes Herz hat ein Auge, das lacht, träumt, liebt und weint. Es schläft nie, aber ist unendlich müde die Tage zu spiegeln. Die Nächte heilen sein Bitten nach Ruhe. Da legt es seine inneren Bäche in ein Boot und befüllt es mit Salz.
In der Kammer, in der es lebt, atmen die Wände, zucken, speien, frieren und schwitzen. Es muss ja alles ertragen. Jeden Herzton, jedes Rauschen in den Gefäßen, die sich mit Zeitsand füllen und es berieseln, wie eine Wüste.
Es bäumt sich und wirft sein Augenwasser drüber. Immer wieder. Bis ein Garten entsteht, in dem eine nachtblaue Blume blüht. Erträumt...es gäbe irgendwann bleibend ein Sommeratmen. Bunte Wiesen umzäunen den Garten, Meere im Azurblau schenken Horizonte. Die Möwen fliegen synchron zu ihren Schreien. Künden Morgen - Land. Land des Friedens und Liebens. Takt des Lebens. Ehrlich und wahr. Das gibt es nur im Augentraum suchender Reisender.
Die Lebenswunden bleiben dann zurück. Das Weltweh auch. So reist das beladene Schiff durch die salzgefüllten Tränenkanäle des Herzens und erblickt die erste Rose, die sich gerade aus den Wortkeimen ins Leben kämpft. Ihr Mantel ist schneeweiß und zerbrechlich.
Vielleicht nährt sie das Morgen-Land.
Lotta Blau
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