Herz - Lich(t)
Wo ist deine Hand? Und eure? Können wir uns noch spüren in all dem Zwischensplitter – Gewühl? Berge voller Versprechen. Wir haben uns versprochen, wir versprachen! Unter Hüllen pendelt die Gleichheit, verpackt wie Christos Verhüllungen. Zugeschnürt. Christus!-Gebäude, die doch gerade zusammenbrechen. Stück für Stück. Die Gebote liegen zubereitet zur Dekoration auf goldenen Tellern! Die Luft ist dünn geworden. Die Gesetze auch.
Jeder atmet den anderen ein und aus. Wozu sind die Atem-Brücken noch zu begehen? Der Himmel tunkt sich über sie. Morsches Gewölk voller Sprache und doch so entleert, scheint es. Wie über einen Fressnapf gebeugt saugt sich Wort um Wort ins tägliche Futter, das ihnen in den Silben stecken bleibt. Frie – den. Gewürm kriecht durchs Holz. Durchlöchert das Wort mit seinen gefletschten Zähnen. Wir werden immer mehr medial auf einen Krieg im Eigenen vorbereitet...die Medien wollen uns behetzen, statt bedudeln. Nun geht es auch dem Pazifismus an den Kragen...Sind wir naiv gewesen, heißt es da... Diese Kriegslüsternheit, dieses Speichellecken. Sie wollen uns in Kriegs-Orgasmen treiben...Heldenplatz haben wir nicht, aber das Brandenburger Tor und den Reichstag!
Es soll keinen Frieden geben, nagt das Gewürm in die Brücken hinein. Stürzt nieder!, brüllen sie von einer Seite zur anderen. Freiheit, Gleichheit, Brüder und Schwestern peitschen sie auf die Waage der Gerechtigkeit. Wiegen sie und auf der anderen Seite der Waage setzt man all die Kriege. Was wiegt wohl schwerer? Die Kriege gehen nach unten. Pures Gold!, schreien sie und geben Kredite, kaufen Rüstungsaktien, liefern Waffen! Spiegelgeschichten drehen die Uhr heldenhaft rückwärts. Dabei tönt es von morgens bis abends vom Fortschritt! Wohl eher Gleichschritt! Stechschritt, Denkschritt – Fehltritt(e)! Wären da nicht auch viele Menschen, die eine Laterne verschluckt haben und aus denen es noch immer leuchtet. Diogenes würde sich freuen.
Es ist leicht zu lieben, aber schwer geliebt zu werden! Aber die Zeiten...immer sind die Zeiten schuld. Dabei ist es der Mensch, wer sonst? Gott kann es nicht sein, denn der findet nun angeblich Waffenlieferungen in Kriegsgebiete gut. Sie meinen den falschen Gott, aber verstecken sich hinter ihm! Für den Frieden predigen, aber Waffenlieferungen absegnen. Der eine greift sich an den Kopf, der andere an die Waffe!
Das Wundenkarussell dreht sich wie eine Spirale durch die Geschichte. Die Verletzungen können nicht heilen. Immer wieder schürfen die Kriegsgräber in ihnen, reißen sie auf. Wunden, die ihre Landschaften suchen, in denen sie sie mit weißen Taubenfedern vernähen wollen. Stich für Stich immer wieder durchs Fleisch.
Herz - Lich(t) schimmert von einer Seite zur nächsten. Wollen wir es nicht doch noch einmal miteinander versuchen. Die verlorenen Wörter aufsammeln, müssen wir in unser aller gemeinsamen Himmel greifen - durch das Scherben - Wir und den umherziehenden Rauch hindurch - Schmerz!
Verhüllt meine Schreibmaschine!
Bilder und Text Lotta Blau, 03/22
Bild II: Rosenweg, Lotta Blau