Malende Tierflüsterin, inspirierende Schichten und Gedankenformerin, die Künstlerin Gundel Busch
Ein Gedankenspaziergang
Vogerl fliagst in d` Welt hinaus. (Hornig) So steht es auf einem Bild von der Künstlerin Gundel Busch. Darunter tanzt ein Paar. Oben drüber ein schwarzer Vogel. Musik zu hören öffnet die Welt und uns selbst auch. Sie kann uns Wege zu uns selbst schenken, uns vergessen lassen oder in uns die Bildersammlungen zum richtigen Tag, Stunden, zu Begegnungen, ja sogar zum allerersten Tanz in der Jugend zurückführen. All unsere abgespeicherten Emotionen kann sie reaktivieren. Der erste Liebeskummer? Das war schmerzhaft. Der erste Kuss. Wie fühlte der sich an? War es schön oder doch seltsam, wenn die Zunge die andere berührte? Oder wenn der verliebte Blick zum ersten Mal ins Herz des Anderen griff. Die Erfahrung fehlte, alles war neu, was das Zusammenspiel zweier Menschen betraf und man vielleicht nicht so recht wusste, wohin mit sich selbst und all den neuen Eindrücken und Gefühlen. Was dachten wir damals, wie sich Liebe anfühlte? Dachte man überhaupt darüber nach? Oder geschah es einfach?
Musik ist eigentlich so vielfältig, dass man nicht darüber schreiben kann. Jeder Bereich des Lebens, und damit meine ich nicht nur der menschlichen Existenz, ist musikalisch. Kann man den Tag tanzen, die Nacht oder die Planeten? Kann man den Klang von einer Sehnsucht tanzen oder das Atmen? Es ist möglich, weil alles Ton ist. Und jeder Ton ist auch Rhythmus und damit auch letztendlich Mathematik, Physik, Biologie, Astronomie, Medizin und damit Heilmittel, Psychologie Architektur, Hypnose, Kunst und Malerei und ist Phonetik. Musik ist ein Passagier zum Unterbewusstsein, ja selbst zum gemeinsamen Band aller Existenzen. Sozusagen ein musikalischer Faden des Lebens. Ton ist Logik und doch auch Chaos. Beides geht Hand in Hand, wie ein verliebtes Paar. Sicher, wir sehen eine Note und das erscheint so unumstößlich klar, wie eine Zahl oder uns ein Punkt erscheint, doch das ist es nicht.
Immer gleicht sich das Gesehene mit dem eigenen inneren Bild ab. Versucht etwas Einheitliches zu erkennen. Etwas Verbindendes suchen unsere Sinne permanent, weil wir uns selbst im anderen Menschen suchen. Wir wollen uns finden, weil wir Gemeinsamkeiten brauchen, denn diese geben uns Stabilität. Diesen Abgleich des Außen benötigen wir auch, um uns in unserem Inneren zu bestätigen. Es gibt auch das Einzigartige, das Individuelle, das wir nicht wiederfinden. Niemand, denken wir dann, hat so etwas auch schon einmal erlebt. Manchmal bleibt das so und manchmal entsteht dadurch der Eindruck, dass es dann eben auch keiner verstehen kann. Je nachdem, was es ist, kann es auch einsam machen. Einsamkeit ist ein großes Thema unter Künstlern und Schriftstellern, die sie brauchen, um überhaupt Schaffende zu sein. Sie ist dann positiv und notwendig und unterscheidet sich von der traurigen, negativen Vereinsamung.
Gundel Busch begibt sich gerne alleine in den Wald, schläft im Sommer draußen. Sie bemerkt die Tiere, spürt sie, hört sie. Warum tun wir etwas? Das macht den Unterschied. Es gibt Menschen, die behaupten, es gäbe keinen freien Willen. Das bestreite ich, denn der freie Wille entsteht aus der Erkenntnis etwas tun zu wollen und beinhaltet eine Entscheidungsfreiheit. Der unfreie Wille produziert sich aus dem scheinbar Mechanischen in uns, welches abgespeichert ist und oftmals mit dem Unterbewusstsein zusammen agiert. Als Beispiel die Kurzschlussreaktion, die oftmals abgekoppelt von der Logik ist. Entscheidung zur Unterscheidung zu treffen ist ein großes Thema, denn gerade heute verliert sich das Differenzieren immer mehr. Platt gesagt: Alles in einen Topf. Die feinen Nuancen sind auch in der Kunst und Literatur wichtig. Sozusagen zurück zum Beginn des Textes: Ein Punkt ist eben nicht nur ein Punkt. Wenn eine Wahrheit als die einzige und als solche verordnet wird, wie eine Kopfschmerztablette, dann sollte man an ihre Nebenwirkung, die gedankliche Einbahnstraße, denken. Diese kann zu Langzeitschäden führen. Für Gundel Busch ist das Leben jedenfalls keine Einbahnstraße. Sie lässt Unterschiede, wie auch Gemeinsamkeiten zu.
Es ist für mich ein Unterschied, ob ich im Ludwig Museum Köln stehe und mir Dali ansehe oder ob ich im Lehmbruck-Museum in Duisburg unterwegs bin und mir Lehmbrucks Kunst betrachte. Dali betrachte ich zuerst mit dem Kopf, während ich Lehmbruck mit dem Herzen sehe. Ich liebe beide Arten. Beide zusammen, das gibt es auch. Etwa bei Caspar David Friedrich. Insbesondere, da mich seine frühen Jahre sehr berühren. Etwa der Tod seines Bruders, den er später höchstwahrscheinlich durch das Bild Eismeer versuchte zu verarbeiten. Manchmal habe ich, wenn ich selbst zeichne, male oder kreiere, eine Vorstellung eines Bildes. Ich kann aber auch sich das Bild selbst gebären lassen, es sich entwickeln lassen, es bis zum Rausch des Erzählens seine Farben wählen lassen oder aber ich habe eine Art Fotografie schon im Kopf, eine Vorstellung, wie im Theater, voller Leben. Die Kamera in die Poren der Leinwand gedrängt. Wer fotografiert, der wird es kennen. Oftmals schon vor Entstehung des Bildes, sieht man es imaginär vor sich.
Gundel Busch widmet sich in ihren Bildern also auch der Musik. Aber sie ist auch eine malende Tierflüsterin. Ob Hühner, Reh, Dachs oder Fuchs. „Waldmusikanten“ heißt einer ihrer Kataloge. Die Hühner hat sie farbenfroh gemalt. Sie haben Namen und ein jedes hat seinen eigenen Charakter. Das ist großartig. Diese Aufgeschlossenheit anderen Wesen gegenüber, sie verstehen zu wollen, ihnen Liebe und Akzeptanz zu schenken, dies setzt eine gewisse Reife und Empathie voraus. Zudem bezeugt es eine hervorragende Beobachtungsgabe.
Nicht nur ihre farbenfrohen Bilder sind inspirierend, sondern auch ihre Beschreibungen daneben. Alle Bilder verkauft sie als Unikate, weil alle Lebewesen welche seien. Die Künstlerin experimentiert gerne mit den verschiedensten Materialien. Unter anderem Sand, Rost, Zement oder Wachs verarbeitet sie in ihrer Kunst. Sie liebe die Vielschichtigkeit, sagt sie. Ihre Bilder bestehen ebenso aus verschiedenen Schichten. Ihre Werke philosophieren, grenzen nie ganz ein. So, wie die Gedanken, die die Künstlerin neben ihren Werken mitteilt. Die Linien ihrer Kunst verschwimmen ganz oft, möglicherweise durch die vielen Schichten pro Bild. Es erschafft eine Tiefe und etwas Mystisches. Jeden Tag können wir uns eine neue Welt erschaffen, so Gundel Busch und nennt ihr Bild dazu: Zwei küssende Welten. Es passieren Wunder, schreibt sie. Daran zu glauben weitet unseren Geist und dieser Gedanke nimmt das Herz in seine Hand. Erzeugt Raum und Fantasie, ja gar die so wichtige Hoffnung.
Im Leben wach bleiben, heißt ständig aus dem Nest geworfen zu werden. Das ist eine sehr geistreiche Beschreibung des Lebens von ihr, in dem es stets auf und ab geht und wieder auf. Wir müssen in uns selbst auferstehen, uns selbst gebären, sagte ich einmal. Das kann ich sehr gut mit ihren Worten verbinden oder ergänzen.
Sie arbeitet auch Themen, wie das Plastikproblem, ein. Wo sollen wir nur mit all dem Müll hin?, fragt sie. Ein Rotkelchen, dessen Kopf umhüllt ist von Plastik, so scheint es. Ein Reh, das mit großen, klugen Augen durch ein Gitter schaut. Wer kennt sie nicht, die schrecklichen Bilder von Plastik in Tiermägen oder das Meer, das immer wieder all den Abfall an den Strand spült, als würde es den ganzen Unrat aus sich erbrechen? Die Möwe, die eine Maske um den Hals trägt, der Becher im Wald, oder das verseuchte Grundwasser mit Plastikpartikel, die sich mittlerweile sogar im Blut finden lassen. Ein gesunder Fluss, wie klingt er? Und welchen Klang hat ein krankes Gewässer?
Ihre Bilder scheinen weich und harmonisch. Sie wirken besänftigend, selbst dann, wenn sie ein ernstes Thema darstellen. Sie möchte gerne Impulse geben, sagt die Künstlerin. „Die Qualität von Augenblicken zu begreifen, heißt für mich Lebensfülle zuzulassen“, schreibt sie in ihrem Katalog EinzigARTige Lebensmomente.
Lotta Blau/10.22
Liebe Gundel, Herzlich Willkommen bei den Kunst-Gammlern.
Bild Gundel Busch, Rechte bei der Künstlerin
Hier können ihre wunderbaren Kataloge angesehen werden: