Die drei Raben
Einst flogen drei Raben zu einem See, welcher zugefroren war. Durch die Laterne vom Ufer, die ihr Licht auf das Eis warf, sahen sie ihre Schatten.
Schau, sagte der eine Rabe, wie groß mein Schatten ist. Die anderen Beiden sahen sich seinen und dann ihre an.
Unsere sind gleich groß, wie deiner, sagte der in der Mitte stand.
Nein, sagte der ganz links...meiner - seht doch - ist doch um einiges länger auf das Eis geworfen.
Wenn ich es mir recht überlege, sagte der außen rechts...es stimmt...allerdings ist meiner dann doch noch ein Stückchen breiter. Schaut nur...
Der Rabe in der Mitte bleib gelassen....ließ die anderen beiden Vögel schwatzen und ging nicht auf ihr Gehabe ein.
Du weißt aber doch sehr genau...mein Schattenabbild war immer weiter und größer. Immer schon...sagte der außen links, worauf der außen rechts anfing sich bewusst größer zu machen.
Dem anderen gefiel das nicht...er stellte sich auf und plusterte seine Federn.
Da, sieh...eindeutig...ich bin der Größte.
Nein, sagte der andere rechts außen...das bin ich, nicht du. Niemand warf jemals größere und dunklere Schatten...nur ich kann das.
Der mittige Rabe trat zurück und beobachtete nur noch. Er war sehr beschämt über das Gehabe.
So hört doch, sagte er zu den zwei sich mittlerweile wie Feinde benehmenden Brüder, keiner ist höher, weiter, breiter...alle sind wir gleich.
Die anderen zwei Raben hörten ihn nicht mehr, denn sie begannen aufeinander loszugehen. Blut begann auf dem Eis im Laternenlicht zu schimmern...
Da flog der mittlere Rabe weit weg.
Am nächsten Morgen hörte er, dass beide Brüder tot auf dem Eis gefunden wurden.
Lotta Blau, 2018
Bild:free