Zeitempfinden ist ein Zustand zwischen Bewegung und Stillstand.
Je älter wir werden um so schneller vergeht die Zeit? Je älter wir werden, umso mehr haben sich die Abläufe des Lebens, der Alltag, im Gehirn manifestiert. Beinah mechanisch rufen wir gespeicherte Informationen ab. Wir denken nicht mehr darüber nach, welchen Weg wir gehen müssen, sondern wir gehen einfach. Je älter wir werden, umso weniger Neues geschieht. Zeitempfinden hat aber auch etwas mit unserer inneren „Chemie“ und biologischer Zusammensetzung zu tun, welche sich im Alter ändert. Die Zeit ist eine individuelle Wahrnehmung, die sich mit dem äußeren Leben permanent abgleicht. Alles ist in Bewegung, und doch erleben wir regelmäßig einen inneren Zustand des Stillstandes. So zum Beispiel, wenn wir uns in Gefahr befinden, aus der wir uns nicht sofort lösen können. Die Zeit erscheint dann unendlich, ja still zu stehen, während alles Schöne oftmals in unserer Wahrnehmung viel zu schnell vergeht.
Da wir aber mit der Außenwelt verbundene Wesen sind, erleben wir diese Differenz zwischen innerer Zeitwahrnehmung und äußerer Bewegung auch als anstrengend, als wenn unser Körper Mühe hätte das wieder auszugleichen. Wir erleben Stress. Am Zeitempfinden und der Verarbeitung ist in uns jede Zelle beteiligt. Zeit ist auch Ton, Zeit ist auch Sprache und Schall. Jede Silbe verbreitet sich. Da passt das gute alte Sprichwort: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Die Sprache wird in ihrem Wirken unterschätzt.
Bild und Text Lotta Blau/2023