Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Der Tierquäler und seine Reise

Schon als Kind mochte er keine Tiere. Er quälte Katzen und Hunde, zertrat kleine Käfer und schoss mit Steinen auf Vögel im See. Er hasste andere Lebewesen. Wo immer es ging ließ er seine ganze Wut und den Zorn an den hilflosen Geschöpfen aus.

Als Erwachsener hatte sich daran nichts geändert und auch als alter Mann trat er immer noch nach den Tauben am Boden vor ihm oder freute sich einen Regenwurm zertreten zu haben. Für all seinen Unmut, all sein Unglück, all sein Versagen machte er die Tiere verantwortlich und ließ keine Gelegenheit aus, sie das spüren zu lassen.

Eines Tages, er war recht alt und gebrechlich, setzte er sich in seinen Sessel und schlief ein und zwar für immer, dachte er zumindest...er sei tot. Es fühlte sich so an und wie er so hinüberging im großen Ganzen, da wuchsen ihm auf einmal Federn und ein Schnabel. Dann wieder Fell und Krallen und dann fand er sich auf der Erde wieder- als Regenwurm.

Er begriff nicht, was eigentlich geschah und hatte auch keine Zeit dafür, denn er befand sich plötzlich mitten auf einem Bürgersteig. Viele Menschen gingen hin-und her. Manche langsam, andere in Eile und schnell. All diesen Füßen musste er plötzlich ausweichen, denn sie könnten ihn jederzeit treten und das würde seinen Tod bedeuten und manchmal, das wusste er, waren Regenwürmer auch nicht gleich tot, sondern litten noch eine lange Zeit, bis sie an den Folgen des Trittes starben. Er hatte es ja selbst oft darauf ankommen lassen und nun erging es ihm vielleicht selbst bald so.

Eilig versuchte er zwischen den Füßen einen Weg zum Rand zu finden, denn dort wuchs Gras. Dort musste er hin.

Tatsächlich schaffte er es gerade so. Erleichtert verschwand er im Gras und ihm fiel ein, dass er ja nun unter die Erde musste und den Boden filtern, indem er diesen - in seinen Augen- Dreck fraß...Ihn ekelte es...Er versuchte sich irgendwie wachzurütteln...das konnte nur ein Traum sein...den Tod hatte er sich immer anders vorgestellt. Aber nicht so. Doch er blieb ein Wurm und musste in die Dunkelheit der Erde verschwinden.

Da hörte er einen Käfer und dort hinten eine Taube sprechen. Wir waren einmal auch so wie du ein Tierquäler und sind heute das, was wir damals am meisten gequält haben.

Ja, sagte der Baum über ihm...und geb acht...die Vögel

fressen dich gerne, auch jene, die du so gerne geärgert hast. Du wärst ein Leckerbissen für sie und ein ganz besonderer Schmaus. Auch viele andere Tiere werden dich fressen wollen und die Menschen, der du selbst einer davon warst, sammeln dich gerne auf, um dich am Angelhaken aufzuspießen. Du könntest bald erfahren, wie es sich anfühlt - all das, was du ihnen angetan hast.

Da tauchte der Regenwurm in die Erde ab...er konnte und wollte das nicht mehr hören. Überhaupt- er glaubte noch immer nicht, dass er nun tatsächlich ein Wurm bleiben sollte.

Alles Quatsch, dachte er sich und buddelte sich einen Gang nach oben. Er streckte seinen Kopf hinaus und war mitten auf einer Weide. Da hörte er etwas schnaufen...es war eine Kuh, die sich ihm näherte und versuchte mit ihrer Zunge etwas Gras zu erwischen.

Du! Pass ja auf...sagte der Wurm zur Kuh. Wehe, wenn du mich verletzt!

Die Kuh lachte nur...ach du kleiner Wurm...willst mir drohen? Ich kenne dich doch...du hast mir einmal einen Stock gegen meinen Kopf geworfen und das tat weh und meine Geschwister hast du auch geärgert.

Aber woher weißt du?, sagte der Wurm. Wie kannst du mich erkennen? Das ist unmöglich.

Die Kuh antworte: Jeder kennt jeden...so ist das. Alles was man tut, tut man nicht einfach so...sondern, es trägt sich weiter...immer weiter...alles ist ja miteinander verbunden. Nichts existiert nur für sich allein. Du hast andere Lebewesen gequält, nun hast du eine Existenz, die dich lehren soll, ein besseres Wesen zu werden. Lerne, du Wurm...fühle...sehe und verstehe.

Doch bedenke..nicht jeder Wurm war einmal ein Tierquäler. Manche sind einfach ein Wurm, weil sie noch viel anderes zu lernen haben, aber auch, weil die Erde sie braucht - einfach nur als Wurm. Mit allen Wesen ist das so.

Da bemerkte der Wurm, dass die Sonne drohte ihm seine Haut zu verbrennen und verschwand in der Erde. Dort hörte er einen Maulwurf und ihm fiel ein, dass er oftmals böse ihre Bauten zerstört hatte.

Ich krieg dich gleich...ich rieche dich, du Wurm.

Der Wurm schaute, dass er schnell weiter kam, als er schon wieder eine Maus bedrohlich nah bemerkte. Schnell wich er in eine andere Richtung aus. Oft hatte er den Mäusen draußen auf dem Feld nachgestellt...fiel ihm ein.

Jetzt war er der Gejagte und alles spiegelte sich wieder, was er angetan hatte, drohte ihm nun ähnlich. Er schaute lange ....sehr lange in diesen Spiegel und ebenso lange dauerte es, bis er zum ersten Mal etwas wie Mitgefühl spürte und das erste Mal tat ihm leid, was er einst getan. Jetzt ,da er selbst spürte, was es heißt, nirgendwo Ruhe zu finden...Sicherheit. Immer und überall war der Mensch und zerstörte, tötete und quälte die Geschöpfe der Erde.

So hatte ihm der Tod einen Spiegel geschenkt und das Leben als Wurm zeigte ihm wie der Mensch mit dem Leben umging.

Lotta Blau