Art und Geschreibsel

von Lotta Blau & Freunden

Tägliche Kreuzigung

Die Liebe hat keine Hände mehr, keinen Mund und keine Beine. Sie ist stumm, taub, blind und bewegungslos geworden. Ihr wird ein Verbrechen in die Schuhe geschoben und sie wurde kurzum zum Mörder der Schwachen deklariert. Das Natürlichste des Menschen, ja des Lebens, nagelte man nicht nur zu Ostern an die Kreuze der imaginären Gefängnisse, sondern täglich, stündlich. Tag, wie Nacht. Und wer den Bund der Liebe eingehen will, muss sich sogleich den Mund zubinden und darf nur unter den Lippenverlies sein Gelübde der Treue abgeben. Manche Menschen sind noch so gläubig und brauchen dieses schriftliche Band. Und da man die Zärtlichkeit, die Nähe, das Küssen, das Umarmen nun als abartig und böse, als krank und infektiös brandmarkte, war ja automatisch jeder, der davon nicht ablassen konnte, also ein Verbrecher und wurde auch so behandelt. Geld und Angst - Politik und Wirtschafts - Patriarchen, da sie selbst sogar Gott sein wollten, holten ihre Peitsche hervor und prügelten gegen sie mit Strafen an. Man zog ihr die einstigen Kleider aus und klebte Zahlen auf sie. Dabei verstand sie es immer so ausgezeichnet Zahlen zu umgehen. Sie war ein Trotzkopf, eine Widerständige, eine Kämpferin und eine Predigerin der Freiheit gegen die pure Logik. Rote Zahlen tropften aus den Lumpenkleid, blutgetränkt und schwer der Lügen voll. Dieses Gemisch landete auf dem Boden und begann Gräben zu schaufeln. Immer tiefer und tiefer, bis Finsternis nach oben kroch.

Da hing sie nun an den Gittern, das aus Kreuzen bestand und stellte sich vor, wie es sein könnte, wenn man sie eines Tages wieder gehen ließ. Sie aus ihren Zahlenlumpenkleid aufersteht und die gespaltenen Zungen zischend, wie die Schlangen, ins Dickicht der Unterwelt verschwinden. Wissend, dass sie dort weiter agieren und durch die finsteren Gänge schleichen.

Liebe ist Widerstand!

Bild und Text Lotta Blau, 2021